Hilfe, mein Kind ist in der Trotzphase!
Tipps zum Umgang mit Machtkämpfen – oder wie du mit Gewaltfreier Kommunikation (GfK) die Trotzphase meisterst!
Auch wenn alles immer nur eine Phase ist – die Trotzphase ist wohl eine der Herausforderndsten! Und jede Mutter muss da durch. Auch wir, auch du. Aber was hat es überhaupt mit dieser Phase auf sich? Und wie begleiten wir unsere Kinder bestmöglich da durch?
Zunächst einmal: Die Trotzphase ist eine ganz normale Entwicklungsphase zwischen 2 und 3 Jahren, in der Kinder Autonomie suchen und ihre Bedürfnisse ausdrücken. Diese enden nicht selten in herausfordernden Machtkämpfen, sind jedoch wichtiger Teil der Entwicklung und haben positive Auswirkungen – sagt Birgit Gattringer, Elterncoach und familylab-Trainerin nach Jesper Juul.
Wir haben bei ihr einmal nachgebohrt, um euch das Thema GFK näher zu bringen und Tipps zu erhalten, wie wir durch den Einsatz dieser Kommunikation mit Machtkämpfen unserer Kinder bestmöglich umgehen können.
Dabei hat Birgit einige tolle Strategien an der Hand, um die Trotzphase zu meistern und harmonische Beziehungen aufzubauen. Los geht’s!
M: Liebe Birgit, was genau versteht man unter Gewaltfreier Kommunikation (GFK)?
Birgit: Die Gewaltfreie Kommunikation ist ein Ansatz, der auf den Prinzipien von Einfühlung, gewaltfreiem Ausdruck und Konfliktlösung basiert. Sie ist ein kraftvoller Werkzeugkasten und ermöglicht eine empathische und respektvolle Kommunikation, bei der Gefühle und Bedürfnisse klar ausgedrückt und verstanden werden.
Die Ziele sind:
- Konflikte zu lösen
- Verbindungen zu stärken durch Empathie und Mitgefühl
- Ausdruck der Gefühle und Bedürfnisse
- Förderung von kooperativem Verhalten
- eine Atmosphäre des Verständnisses und der Harmonie zu schaffen
Die GFK fördert eine tiefere Verbindung zu anderen Menschen und unterstützt uns dabei, authentisch und einfühlsam miteinander zu kommunizieren. Welches auch während der Trotzphase unseres Kindes sehr hilfreich ist!
M: Was bedeutet denn die Trotzphase in der GFK?
Birgit: In der Trotzphase – oder besser formuliert Autonomiephase – entwickeln Kinder ihre Persönlichkeit und erforschen die Welt. Typische Verhaltensweisen sind Wutausbrüche und der Wunsch nach Unabhängigkeit. Mit Gewaltfreier Kommunikation reagierst du auf die Gefühlsausbrüche mit Ruhe und Gelassenheit und entdeckst die Bedürfnisse, die hinter einem Wutanfall stecken. Du machst das Kind nicht falsch und sprichst deinem Kind seine starken Emotionen nicht ab. Somit förderst du die Bindung zwischen dir und deinem Kind und ermöglichst Lösungen auf respektvollem Weg zu finden.
M: Machtkämpfe sind ja eine echte Herausforderung und nicht selten ziemlich stressig. Wie können wir mit diesen bestmöglich umgehen?
Birgit: Ja, Machtkämpfe in der Trotzphase sind stressig. Konflikte entstehen, wenn das Kind seine Autonomie ausdrückt. Als Mutter kann es schwer sein, angemessen zu reagieren. Es ist wichtig zu verstehen, dass dies Teil des Entwicklungsprozesses ist. Wie man mit Hilfe der GFK entspannter und friedvoller mit Situationen während der Trotzphase umgehen kann?
Ich empfehle präventiv Vorbeugen von Machtkämpfen!
M: Was bedeutet das in der Praxis? Hast Du gute Tipps?
Birgit: Na, klar. Die Anwendung der Gewaltfreien Kommunikation bietet effektive Schritte, um mit Machtkämpfen in der Trotzphase umzugehen. Durch einfühlsame und respektvolle Kommunikation können Konflikte gelöst werden. Im Folgenden zeige ich Möglichkeiten auf, wie gewaltfreie Sprache im Umgang mit trotzigem Verhalten genutzt werden kann.
Tipp 1: Verständnis und Geduld
Verständnis und Geduld sind in der Trotzphase wichtig. Einfühlen und das Verstehen der Bedürfnisse deines Kindes ermöglichen angemessene Reaktionen. Das kannst du so auch mit deinem Kind kommunizieren. Zum Beispiel: “Ich verstehe dich. Das ist gerade sehr heftig für dich, wenn das Spielzeug kaputt geht.”
Tipp 2: Alternativen anbieten
In der Trotzphase entdeckt dein Kind seine Autonomie. Biete ihm Alternativen an, damit es seine Bedürfnisse ausdrücken und selbstständige Entscheidungen treffen kann. Dein Kind ist sehr impulsiv und geht seinen Impulsen immer sofort nach. Du musst nicht alles gut finden, was dein Kind macht, doch versuche nicht ständig alles zu unterbinden. Sondern lenke den Impuls so um, sodass dein Kind seinen Impuls auf die Art und Weise ausleben kann, die für dich auch noch in Ordnung ist. Praktische Tipps wie das Bereitstellen von Optionen und das Ermutigen zur eigenen Entscheidungsfindung unterstützen dein Kind dabei. Zum Beispiel, wenn es wütend ist und Spielzeug gegen die Wand wirft, zeige ihm alternative Möglichkeiten: Weiche Bälle oder zerknülltes Zeitungspapier auf die Wand zu werfen, sodass keine Gegenstände kaputt gehen. So kann es seine Wut oder Frustration auf eine Weise ausdrücken und verarbeiten, wo jeder und alles heil bleibt.
Tipp 3: Empathische Kommunikation
Empathie spielt eine wesentliche Rolle in der Trotzphase. Indem du dich aktiv in die Gefühlswelt deines Kindes einfühlst und dich in seine Perspektive versetzt, baust du eine liebevolle Verbindung auf und förderst das Vertrauen. Praktische Tipps wie aktives Zuhören, das Zulassen und Spiegeln von Gefühlen und das Ermöglichen eines offenen Dialogs unterstützen dich dabei.
M: Um das ganze noch einmal zu verinnerlichen, hast Du ein konkretes Beispiel oder eine Art „Leitfaden“ für den Umgang mit Machtkämpfen mittels GFK?
Birgit: Erst einmal geht es dabei darum, einfühlsam und empathisch zu kommunizieren, um Konflikte zu lösen und eine vertrauensvolle Beziehung zu deinem Kind aufzubauen bzw. aufrechtzuerhalten. Hier einige Schritte anhand eines Beispiels, die du beachten kannst:
1. Beobachtung:
Beschreibe objektiv, was du siehst oder hörst, ohne Bewertungen oder Interpretationen.
“Okay, ich sehe, dass du die lange karierte Hose nicht anziehen möchtest.”
2. Gefühle:
Drücke deine eigenen Gefühle aus, die durch die Situation entstehen.
“Mir ist es wichtig, dass du dich wohl fühlst in den Klamotten, die du trägst… und auch vor der Kälte geschützt bist.”
3. Bedürfnisse:
Identifiziere die Bedürfnisse deines Kindes und deine Bedürfnisse.
“Du möchtest die Hose nicht anziehen. Vielleicht ist sie noch zu groß oder einfach nicht angenehm zu tragen. Ich kenne das Gefühl von unangenehmen Klamotten!”
4. Bitten:
Formuliere konkrete, positive und erfüllbare Bitten, um Bedürfnisse zu erfüllen und eine Lösung zu finden.
“Komm wir suchen uns gemeinsam eine lange Hose aus. Möchtest du diese oder diese anziehen? Ich helfe dir dabei.”
Und zu aller letzt: Sollte das Kind Probleme haben, wirklich sich für eine LANGE Hose zu entscheiden, dann geht doch auch mal gemeinsam vor die Haustüre und sprecht über das Gefühl der Kälte, spürt es ein Frieren, stellen sich die Haare auf zur Gänsehaut, etc. Dann macht einen Vergleich – lange Hose anziehen und nochmals vor die Türe stellen. Wie fühlt es sich jetzt an?
M: Vielen Dank für diese Tipps. Es scheint, als können Machtkämpfe so mit mehr Gelassenheit und Freude gemeistert werden. Hast Du noch ein abschließendes Fazit für uns?
Birgit: Durch Gewaltfreie Kommunikation wird grundsätzlich eine liebevolle Verbindung zu deinem Kind geschaffen und ihr sucht gemeinsam nach befriedigenden Lösungen. Das ist insofern toll, da die Partizipation deines Kindes während der Trotzphase besonders wichtig ist. Betrachte diese Phase also als wertvolle Entwicklungszeit, um eine harmonische Beziehung aufzubauen. Dieses Mindset hilft dir auch, besser damit umzugehen.
Vielen Dank, liebe Birgit!
GASTAUTORIN: BIRGIT GATTRINGER
Mag. (FH) Birgit Gattringer ist familylab-Trainerin nach Jesper Juul, Dipl. Mentaltrainerin und Dipl. Kinder- und Jugendmentaltrainerin. Sie ist selbst Mama von 2 Jungs und gibt ihr Wissen auf der Plattform www.starkekids.com weiter. Ihr Herzensthema ist es, ein harmonisches Umfeld für Kinder zu schaffen, in dem die Kinder selbstbewusst und stark für’s Leben heranwachsen können.
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