Wie sich Urlaub mit Kind verändert
Urlaub, die schöööööööönste Zeit im Jahr. Mal für einen Moment den Alltag loslassen, einen Gang runter schalten, die Akkus wieder vollständig aufladen, pure Entspannung geniessen, Ausschlafen bis in die Puppen, am Strand ein Nickerchen machen, ungestört drei Bücher durchlesen, ein bissl Sightseeing, abends auf der Strandpromenade flanieren und anschließend drei Cocktails in der angesagtesten Hafenkneipe trinken. Denkt man. Stellt man sich so vor. Ist eigentlich auch so. Vorausgesetzt: man hat keine Kinder. Dann ist alles anders.
So, dem gibt es wohl nichts mehr hinzuzufügen. Es ist Fakt: Sobald man Mama geworden ist, ist Urlaub mit Kind nicht mehr das, was er mal war.
Aber was heißt denn anders? Das Gegenteil von schön? Nein, soviel möchte ich vorwegnehmen. Der Urlaub, den ich erlebe, seitdem ich Mama bin, matched einfach nur nicht mehr mit meinen Vorstellungen davon. Ein bisschen so, als ob ich mich in meine alten Jeans von früher hinein zwänge – der Nostalgie wegen – aber die letzten zwei Knöpfe einfach nicht mehr zugehen, egal was ich mache. Mal ehrlich, in so einem Fall sollte man sich doch besser eine neue Hose zulegen, anstatt mit Knopf-auf-Kompromissen den guten alten Zeiten nachzuhängen. Und so ist das auch mit dem Urlaub. Das ultimative Credo lautet: Vergesst, wie ihr früher verreist seid. Passt eure Erwartungen an die gemeinsame Familienauszeit einfach an und interpretiert das Wort Urlaub neu.
Manche Eltern hängen einfach liebevoll den Zusatz „Familien-“ vor das Wort Urlaub. Das hört sich in der Gesellschaft immer unglaublich gut und friedvoll an. Familienurlaub, ich lasse mir kurz das Wort auf der Zunge zergehen – auch wenn natürlich jeder, der auch Kinder hat, sofort versteht, was damit gemeint ist. Wie ein Codewort quasi.
Andere Eltern nennen Urlaub mit Kind „Alltag unter erschwerten Bedingungen“. Uhhh, das hört sich wiederum so garnicht nach Urlaub an. Aber ja, lasst es uns nicht beschönigen, auch wenn ich diese Beschreibung nicht komplett unterschreiben würde, ist an dieser Neuinterpretation ist etwas dran. Urlaub mit Kindern ist tatsächlich etwas wie Alltag, halt manchmal nur ein bisschen anstrengender.
"Alltag unter erschwerten Bedingungen"
Warum? Weil…
… sich der alltägliche Rhythmus der Kinder im Urlaub nicht plötzlich ändert.
… das Baby auch im Urlaub schlecht schläft, wenn die Zähne einschießen.
… Kinder rund um die Uhr Bedürfnisse haben, die sie stets einfordern – egal wo sie sind.
… es deinem Kind schnurzegal ist, dass du keine Lust hast 3x am Tag Essen zu kochen.
… die Fremdbetreuung wegfällt und jemand von morgens bis abends and deinem Rockzipfel hängt. Auch dann, wenn du entspannt ein Buch lesen willst. Und auch dann, wenn du mal ein Nickerchen in der Hängematte machst.
… sich nach wie vor (fast) alles nach deinem Kind richtet und die eigenen Bedürfnisse meist noch kürzer treten müssen, um eine wohlerhoffte Entspannung überhaupt zu erreichen.
… bei Regenwetter die Armada von Spielsachen fehlt, mit denen sich dein Kind auch mal allein beschäftigen kann.
… sich Tagesrucksäcke samt Proviant nicht von alleine packen und weil man die Tobsuchtsanfälle deines Kindes beim Abendessen am heimischen Tisch nicht zu unterdrücken versuchen muss (sofern einem die entrüsteten Blicke der Miturlauber am Nachbartisch nicht egal sind).
Ach ja, und weil sich die Wäsche im Urlaub leider eben auch nicht von allein macht.
Aber noch mal von vorne. Was genau verändert sich denn in einem Urlaub mit Kind? Hier mein persönliches Resümee:
REISEPLANUNG & URLAUBSZIEL
Wenn früher ausschließlich die eigenen Bedürfnisse (Buche ich ein Wellnesshotelurlaub, habe ich Lust auf Abenteuer-Backpacking oder mache ich doch einen Städte-Trip?) erfüllt werden mussten, geht es mit Kind vor allem um eines: Kompatibilität! Ist das Reiseziel überhaupt für Kinder geeignet? Kann ich ohne Kind auf ein Auto vor Ort verzichten? Gibt uns die Infrastruktur vor Ort alles, was man mit Kind benötigt? Sind Kinder in der auserwählten Unterkunft überhaupt willkommen?
Solche Fragen dominieren plötzlich die Planung des Familienurlaubs und wie bei allen Dingen, stehen die Bedürfnisse des Kindes dabei an erster Stelle. Gar nicht so einfach – vor allem dann, wenn das Ergebnis der Reisezielrecherche nicht so wirklich deinem Traum von Urlaub entspricht.
Dennoch solltet ihr unbedingt ein kindgerechtes Urlaubsziel wählen, denn nur wenn das Kind auf seine Kosten kommt (und damit (die meiste Zeit) glücklich ist), können wir Eltern unseren Urlaub auch geniessen. Entscheidend ist dabei nicht, wohin es geht, sondern wie hoch der Spaßfaktor vor Ort ist, da sich (v.a. Kleinkinder) hauptsächlich an Stimmungen und Gefühle erinnern.
ENTSPANNUNG
Das Hauptziel eines jeden Urlaubs: Entspannung. Ausschlafen, am Strand noch kurz ein kleines Nickerchen machen – sorry, leider nicht mehr so richtig möglich. Denn egal ob Urlaub oder Alltag, da ist noch jemand, für den du die ganze Zeit ansprechbar bist: Dein Kind. Und das tut es auch. Jederzeit und ohne Rücksicht. Wir Eltern vergessen zwar für ein paar Tage mal unsere Arbeit (immerhin!), unser Hauptjob allerdings wird uns nicht abgenommen: Kinderbetreuung und -bespaßung 24/7.
Na klar, mit steigenden Alter der Kinder, lassen sich solch kleine entspannende Auszeiten in den Ferien dann auch mal wieder einräumen. Auch gute Absprachen mit dem Partner bzw. der Partnerin können dafür sorgen, dass wohltuende Momente nicht gänzlich ausbleiben. Aber von der puren Entspannungsidee solltest du dich lieber verabschieden.
AUF DIE EIGENEN KOSTEN KOMMEN
Wieso Urlaub noch mal? Ach ja, um mal dem Alltag zu entfliehen. Keine Arbeit mehr zu haben und mal keinen Terminen und Erledigungen nachzuhecheln. Einfach mal nur noch Dinge tun, die einem Spaß machen. Dinge, auf die man so richtig Lust hat. Mit Kind allerdings nahezu undenkbar. Denn Kinder wollen in der Regel immer etwas anderes. Siehst du dich am Pool in ein gutes Buch versinken oder in einem schicken Restaurant kulinarische Köstlichkeiten genießen, möchte dein Kind wohlmöglich lieber stundenlang auf der Hotel-Parkplatz-Hüpfburg abhängen oder am Strandimbiss labbrige Pommes essen. So oder so wirst du in deinem Urlaub mit Kind voraussichtlich überwiegend Dinge tun, die du sonst wohlmöglich nicht getan hättest und – seien wir ehrlich – auch nicht wirklich Spaß machen.
SPONTANEITÄT & FLEXIBILITÄT
Tja, so ist das eben mit Kindern: Einerseits muss man super spontan und flexibel auf die Bedürfnisse der Kinder reagieren können, auf der anderen Seite ist man eines als Mutter nie: spontan und flexibel. Gerade im Urlaub mit Kind solltest du genau wissen, was geplant ist, ansonsten sind Querelen, Packstress und Chaos vorprogrammiert. „Mal eben schnell zum Strand“ bedeutet: Frühestens in einer Stunde loskommen, nachdem man für alle Familienmitglieder die Strandsachen zusammen gepackt und die Snacks & Getränke vorbereitet hat. „Mal eben im Ferienort zum lokalen Supermarkt laufen“ bedeutet mit Kind im Tempo ’10 Schritte vor, 5 zurück’ übersetzt „halbe Tageswanderung“. „Mal eben…“ gibt es einfach nicht.
PARTNERSCHAFT IM URLAUB
Urlaub ist ja auch eine Zeit für die Partnerschaft. Endlich sieht man sich mal wieder. Endlich hat man mal wieder ‚Quality Time’ zusammen. Endlich mal wieder dem Alltag entfliehen und Raum für romantische Momente einräumen. Sex. Ja, wichtiges Thema. Leider hat man im Urlaub mit Kindern meist alles andere im Kopf, nur nicht romantische Zweisamkeit. Wer nach einem (oft auch) erschöpfenden Urlaubstag nicht sowieso schon todmüde ins Bett fällt, der hat wohlmöglich mit anderen Herausforderungen zu kämpfen, die die Romantik stören. Z.B. schnarchende Kinder im 1 m entfernten Beistellbett.
NEUES ENTDECKEN
Wo, wenn nicht im Urlaub kann man endlich mal was von der Welt sehen und fremde Kulturen entdecken? Dit war jut. Im Urlaub mit Kindern allerdings zweitrangig bis nicht möglich. Kinder lieben es einfach. Sandburgen bauen am Strand, Plantschen im Pool, Nudeln essen beim Italiener. Alles was neu und fancy ist, könnte kompliziert werden und damit potenziell zu einem Problem für alle Beteiligten. Deswegen lieben es Kinder auch dort wieder Urlaub zu machen, wo sie im letzten Jahr und vorletzten und vorvorletzten (…) Jahr in den Ferien waren. (Vorausgesetzt natürlich, es war für sie schön.) Und auch die Eltern mit schon etwas älteren Kindern wissen: Wo es sich einmal für alle bewährt hat, sollte man möglichst wieder hinfahren. Also bucht doch bei Abreise schon mal die Unterkunft für das nächste Jahr. Wow.
WARUM URLAUB MIT KINDERN (TROTZDEM) SO SCHÖN UND WICHTIG IST
Ok, vielleicht war ich bis hierhin etwas schonungslos. Das tut mir leid. Aber wer, wenn nicht wir Mamas sollten die nackte Wahrheit ertragen können. Und ja, erinnere dich an meine Eingangsworte: ‚Vergesst, wie ihr früher verreist seid. Passt eure Erwartungen an die gemeinsame Familienauszeit einfach an und interpretiert das Wort Urlaub neu.’
Aber die Nummer hat auch eine Kehrseite – und die ist positiv. So richtig positiv. Denn der gemeinsame Urlaub – so herausfordernd er auch manchmal sein mag – hat ein enormes Potenzial für unsere Beziehungen innerhalb der Familie und das ist Gold wert. Wir haben eeeeendlich mal so richtig Zeit für unsere Kinder und können so die Bindung zu ihnen stärken. Wir haben die Möglichkeit im Urlaub als Familie zusammenzurücken und unseren Kindern genau dieses Zusammengehörigkeitsgefühl zu geben: „Wir sind eine Familie“. Und dabei ist es egal, wie weit wir weg sind, wo wir hinfahren und was wir machen. Die Hauptsache ist, wir bringen Zeit für unsere Kinder mit. Ungeteilt.
Wenn ich an die Familienurlaube in meiner Kindheit zurückdenke, dann sehe ich unsere Familie. Zusammen. Liebevoll Zeit miteinander verbringend. Und das macht mich noch immer sehr glücklich.
– Ein Gastbeitrag von Momunity Mom Lenni –
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